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Landgericht untersagt geplante Rodungsarbeiten in Freiburg

Das Verwaltungsgericht Freiburg hat am Montag entschieden, dass im Freiburger “Langmattenwäldchen” vorerst keine Bäume gefällt werden dürfen. Der Nabu Freiburg hatte mit einem Eilantrag gegen die geplante Rodung von gut 3000 Quadratmetern Baumbestand geklagt, die vom Regierungspräsidium Freiburg Ende August genehmigt worden waren.

Die Baumfällarbeiten sollten die Verlegung einer Erdgashochdruckleitung möglich machen und gehören zu den Vorbereitungsmaßnahmen für den Bau des neuen Stadtteils Dietenbach. Die Leitung verläuft bisher quer über die Fläche des geplanten Stadtteils und soll zukünftig um die neuen Wohngebiete herumführen, da über der Leitung ein sechs Meter breiter Schutzstreifen nicht überbaut werden darf. Auf Höhe des Wäldchens soll die Verlegung Raum für die Trinkwasserleitung, eine Grundwasser-Förderleitung zur Wärmeerzeugung und eine Fernwärmeleitung für den neuen Stadtteil machen.

Der neue Stadtteil

Zwischen dem bestehenden Stadtteil Rieselfeld und der Bundesstraße 31 im Westen der Stadt soll dringend benötigten Wohnraum entstehen. Bis 2042 soll dort ein klimaneutraler und bezahlbarer Stadtteil gebaut werden, der in 6.900 Wohnungen Platz für etwa 16.000 Menschen schafft. Die Einwohnerzahl der Universitätsstadt ist in den letzten 30 Jahren um gut 18 Prozent gestiegen. Und Freiburg wächst weiter. Laut Zahlen der Stadt fehlen bis 2030 knapp 15.000 Wohnungen. Gleichzeitig gehört Freiburg bei Miet- und Eigentumswohnungen zu den teuersten Städten Deutschland. Dietenbach sei eine Antwort auf soziale Folgeprobleme der Wohnungsnot, argumentiert die Stadt. Die Hälfte der geplanten Wohnungen soll öffentlich gefördert werden.

Aber für die Pläne der selbsternannten “Green City” müssen Teile des 13,4 Hektar großen Mischwalds gerodet werden. Neben der Gasleitung sind auch für die Verlängerung der Straßenbahnlinie 5 sowie den geplanten Schulcampus Flächen des Langmattenwäldchens vorgesehen. Laut FAQ der Stadt Freiburg bedeutet das den Verlust von vier Hektar Wald, der Nabu spricht von 4,4 Hektar. “Der in Anspruch genommene Wald wird durch flächengleiche Aufforstung und zusätzlich für Schutz- und Gestaltungsmaßnahmen auf anderen Waldflächen ersetzt”, heißt es auf der Seite der Stadt.

Wald am klimaneutralen Stadtteil

Klimaschützer:innen sind hingegen der Meinung, dass die Schaffung sozialen Wohnraums nicht im Widerspruch zum Erhalt eines ökologisch wertvollen Waldbestands stehen sollte. Seit Mai 2021 gibt es im Langmattenwäldchen daher eine Waldbesetzung mit mehreren Baumhäusern. “Wenn wir bei der Priorisierung unserer lokalen sozialen Probleme weiterhin in Kauf nehmen, die Integrität wertvoller intakter Ökosysteme zu zerstören, lösen wir die sozialen Probleme nicht, sondern verlagern sie auf spätere Generationen und über Ländergrenzen hinweg”, schreiben die Aktivist:innen auf ihrem Blog. Ein ökologisch wertvoller Waldbestand könne nicht durch neu gepflanzte Bäume ausgeglichen werden, heißt es dort weiter.

Auch das Aktionsbündnis „Hände weg vom DietenbachWALD“ protestiert seit Anfang Oktober mit einer Mahnwache gegen die geplante Waldzerstörung. Hinter dem Aktionsbündnis stecken unter anderem der Nabu Freiburg, der Bund Freiburg, der BürgerInnenverein Rieselfeld und Parents for Future Freiburg. “Wir stellen uns explizit nicht gegen den Bau des neuen Stadtteils; wir wollen nur, dass er enkeltauglich mit dem Wald geplant wird”, sagt Ina Rometsch vom Aktionsbündnis. Gerade für Anwohner:innen sei der Wald durch sein Mikroklima in Zeiten der Klimakrise unentbehrlich. Laut Rometsch wäre es möglich, trotz Erdgas- und Straßenbahntrasse den Wald zu erhalten, wenn man grundsätzlich anders planen würde.

“Das Regierungspräsidium Freiburg habe als höhere Forstbehörde bei der Entscheidung über den Antrag der Terranets BW GmbH auf Erteilung einer Genehmigung zur befristeten Waldumwandlung eine umfassende Abwägung der für und gegen die befristete Umwandlung des Waldes sprechenden Belange vornehmen müssen”, heißt es in der Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Freiburg. Laut dem Gericht spreche viel dafür, dass eine Variante mit einem deutlich kürzeren Verlauf durch den Wald hätte gewählt werden können – statt der geplanten 120 Meter.

Der Beschluss des Vewaltungsgerichts entscheidet aber nicht darüber, ob die Bebauungsplanung der Stadt – mit endgültiger Rodung von Waldflächen für Straßenbahn und Schulcampus – rechtlich zulässig ist. Dies müsse in einem Verfahren zur unbefristeten Waldumwandlung nach dem Landeswaldgesetz geklärt werden. “Wäre diese Planung rechtlich nicht zu beanstanden, so wäre mit der Verlegung der Erdgashochdruckleitung entlang der östlichen Seite der geplanten Straßenbahnlinie kein zusätzlicher Eingriff in das Langmattenwäldchen verbunden”, heißt es in der Pressemitteilung.

Für die Freiburger Waldschützer:innen ist die Entscheidung des Gerichts trotzdem ein Erfolg. “Wir sind glücklich und freuen uns, dass der Wald zunächst erhalten bleibt”, schreibt das Aktionsbündnis.

Quellen