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Brennende Menschenrechte – Protestaktion gegen die GEAS-Reform

Am Nachmittag des 17. Dezember haben ein halbes Dutzend Aktivist*innen am Hansahöft auf dem Kleinen Grasbrook in Hamburg eine Pappmauer angezündet, die symbolisch für die europäischen Menschenrechte stehen soll. Aus Umzugskartons gebastelt steht auf der ‘Mauer’ zwischen den in Stacheldraht gehüllten europäischen Sternen auf blauem Grund “Human Rights”. Mit der Aktion will die kleine Aktionsgruppe symbolisch ihre “Wut auf die menschenverachtende Migrationspolitik der EU” zum Ausdruck bringen. “Nicht die Menschenrechte sollten hier brennen, sondern die Mauern der Festung Europa”, sagen die Aktivist*innen. Ihre Aktion richtet sich gegen die geplante Reform des “Gemeinsamen Europäischen Asylsystems”, abgekürzt GEAS, dessen Verhandlung am Montag zwischen dem Rat der Europäischen Union mit dem Europäischen Parlament in die nächste Runde geht.

Mit der Reform des GEAS soll es nach Vorstellung der Bundesregierung zu einer “wirksamen und dauerhaften Entlastung der Staaten kommen, die durch die hohe Zahl von Schutzsuchenden besonders belastet sind” – also auch Deutschland. Nach Zahlen des UNHCR wurden in den Jahren 2014 bis 2022 in Deutschland über 322.000 Asylanträge gestellt, das entspricht rund 30 Prozent der gestellten Anträge in der gesamten EU und Großbritannien.

Am Gemeinsame Europäischen Asylsystem arbeitet die EU seit 1999. Die Dublin-Verordnungen sind seit ihrem Bestehen Kernelemente des GEAS. Laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, kurz BAMF, ist das Ziel des gemeinsamen Systems die EU-weite “Harmonisierung der Schutz- und Aufnahmenormen”. Das solle sicherstellen, ​​”dass Asylsuchenden in der gesamten EU unter gleichen Bedingungen internationaler Schutz gewährt wird.”

Die neue Reform wird seit Monaten scharf kritisiert. “Die aktuellen Reformvorschläge rütteln nicht nur an den Grundfesten des Rechtsstaates, sondern werden auch bereits existierende Probleme des europäischen Asylsystems noch verschärfen”, heißt es in einem gemeinsamen Statement an die Bundesregierung von über 50 Organisationen wie Amnesty International, ProAsyl, Seebrücke, AWO, der Diakonie und Ärzte Ohne Grenzen aus Mai 2023. Die Hamburger Aktionsgruppe schreibt in einer Pressemitteilung: “Hinter dem schönen Deckmantel einer verbesserten Asylreform, stecken in Wirklichkeit nur die extreme Abschottung, weitreichende Verschärfungen des Asylprozesses und brutale Abschiebungen an den EU-Außengrenzen.”

Ein wichtiger Aspekt der GEAS-Reform ist die Einführung verpflichtender Asylverfahren an der EU-Außengrenze. Laut Analyse der Heinrich-Böll-Stiftung würde das eine de facto Inhaftierung zahlreicher Menschen an den Außengrenzen bedeuten. “Die Unterbringung im Grenzverfahren ist nicht mit Haft gleichzusetzen”, heißt es hingegen in einem FAQ des Bundesinnenministerium. Im Grenzverfahren werde “für einen befristeten Zeitraum eine Freiheitsbeschränkung vorgenommen”. Von den geplanten Asylverfahren an den Außengrenzen wären unter anderem Menschen aus einem Herkunftsland mit einer durchschnittlichen Schutzquote von 20 Prozent oder weniger betroffen.

Ein weiterer Aspekt der Reform ist die europäische “Solidarität mit Flexibilität”, wie es die Bundesregierung auf ihrer Webseite beschreibt: “Die Mitgliedstaaten können Flüchtlinge aufnehmen, finanzielle Beiträge leisten oder alternativ Personal entsenden zum Aufbau von Kapazitäten.” Und schließlich gibt es Kritik an der geplanten Lockerung für die Drittstaats-Kriterien sowie die Pläne Menschen auch in Drittstaaten abschieben zu können.

Die Bundesregierung beschreibt die “Einigung zu einer gemeinsamen Position zur Reform des EU-Asylsystems” im Oktober hingegen als großen Erfolg. "In diesen Verfahren setzen wir uns für hohe rechtsstaatliche Standards und konsequenten Menschenrechtsschutz ein", betonte Bundesinnenministerin Faeser im Anschluss an das Innenministertreffen in Luxemburg am 8. Juni. "Wir wollen durch geregelte Migration vor allem dafür sorgen, dass das furchtbare Sterben auf dem Mittelmeer endlich aufhört" und dass jeder ein faires Asylverfahren erhalte, so Faeser.

Die Hamburger Aktivist*innen kritisieren, im Rahmen des GEAS würde gerade nicht darüber diskutiert, wie man Menschen auf der Flucht bestmöglich schützen kann und sichere Fluchtrouten schafft. Sie fordern mit ihrer Aktion dabei “nicht weniger als den Schutz aller Menschen und das Ende eines rassistischen Systems, das Menschen in Kategorien einteilt”.

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